Junge Frauen brauchen die Reform der Altersvorsorge am dringendsten

Die sich verändernde Demografie ist für die Altersvorsorgesysteme in Europa ein Toprisiko. Deshalb bleibt die Altersvorsorge in der Schweiz dringend und zwingend – besonders für junge Frauen.

Mit der Corona-Pandemie und dem schrecklichen Ukraine-Krieg ist ein Thema in den letzten beiden Jahren aus dem medialen Brennpunkt in den Hintergrund gerückt, das für uns alle jedoch ganz unmittelbar von zentraler Bedeutung ist: Die zunehmende Schieflage unserer Altersvorsorge und der damit verbundene, immer dringlichere Reformbedarf. Durch die anstehende Volksabstimmung über die «AHV 21» am 25. September 2022 wird nun dieses Thema zurecht wieder mehr im Rampenlicht stehen.

Der Handlungsbedarf ist in der Zwischenzeit nicht kleiner geworden. Nun gut, werden sich einige denken, die Börsen spülten in den letzten zwei, drei Jahren ordentliche Renditen in die AHV- und in die Pensionskassen. Noch immer werden die Renten pünktlich und vollständig bezahlt.

Doch der Schein trügt. Ab 2025 rutscht die AHV laut den neusten Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen in die roten Zahlen und muss die Reserven aus dem Ausgleichsfonds anzapfen. Selbst die nun geplante Reform gibt eine Verschnaufpause von nur vier Jahren.1

Besonders krass tritt die Schieflage in der zweiten Säule zu Tage. Zwischen 2014 und 2021 wurden laut Berechnung der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK) 45,3 Milliarden Franken von den aktiven Versicherten zu den Rentenbezügern umverteilt.2

Unser Vorsorgesystem betreiben wir somit immer mehr auf Pump der kommenden Generationen. Und solange wir uns nicht endlich einen Schritt von diesem Abgrund wegbewegen, bleiben viele weitere Reformschritte blockiert. Ich will mich an dieser Stelle gar nicht erst zu einzelnen Reformmodellen äussern. Ich möchte jedoch zu bedenken geben, dass vor allem die Frauen – insbesondere die jüngeren – die Leidtragenden sind. Das mag jetzt auf den ersten Blick etwas absurd klingen, sollten sie doch mit der Erhöhung des AHV-Alters den grössten Beitrag zum ersten Reformschritt leisten. Ja, und ich bin mit all denen einverstanden, welche einwenden, dass die Frauen noch immer die Hauptlast im Haushalt tragen, und dass ein zu grosser Teil der Lohnunterschiede auf diesen Geschlechtsunterschied zurückzuführen sei. Doch mit der Verhinderung der Reform werden diese Nachteile nicht beseitigt.

Frauen haben gerade in jüngeren Jahren durch Familiengründung und Teilzeitarbeit Lücken in der Altersvorsorge, welche sich vor allem in der zweiten Säule gravierend auswirken. Sie lassen sich später kaum noch schliessen und haben zur Folge, dass die Pensionskassenrenten von Frauen halb so hoch sind wie die von Männern.

Mit weiteren Reformschritten könnte diesen Missständen endlich entgegengewirkt werden. Frauen, insbesondere geschiedene, würden beispielsweise von einer Senkung der Eintrittsschwelle in der beruflichen Vorsorge am meisten profitieren. Andererseits würde sich für sie die ebenfalls dringend notwendige Senkung des Umwandlungssatzes am wenigsten nachteilig auswirken.

Und übrigens bringt auch die Erhöhung des Rentenalters für ihre Altersvorsorge am meisten Vorteile. Zudem könnten in der ersten Säule durch eine etwas längere Erwerbstätigkeit Rentenlücken aus früheren Jahren geschlossen werden. Darum sollte der erste Reformschritt nun endlich gewagt und nicht wieder auf die lange Bank geschoben werden.

1 Finanzperspektiven der AHV bis 2032 (Bundesamt für Sozialversicherungen, 25. Mai 2022)
2 Bericht zur finanziellen Lage der Vorsorgeeinrichtungen 2021, S. 41ff (Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge OAK BV, 17. Mai 2022)

Quelle: https://www.helvetia.com/corporate/

web/de/home/medien/publikationen/stories/gmp-toprisks-altersvorsorge.html

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